Aluminium im Trinkwasser
Aluminium in der Nahrung
Aluminium im Trinkwasser und in der Nahrung ist unter Verdacht geraten: Vor allem die in Süddeutschland beliebten Laugenbrezeln weisen Spitzenwerte an Aluminium auf.
Wir machen Kochtöpfe daraus, verarbeiten es in Kosmetika, in Lebensmitteln, in Medikamenten auch in Impfstoffen und finden Aluminium im Trinkwasser: Aluminium scheint in unserem Alltag, unverzichtbar zu sein. Doch der breite Einsatz hat auch Schattenseiten. Seit langem wird ein Zusammenhang, zwischen der Alzheimerschen Demenz und der Aufnahme von Aluminium vermutet. Alzheimer bedeutet einen rasanten geistigen Verfall. Im fortgeschrittenen Stadium können die Patienten weder sehen noch sprechen und nicht mehr für sich selbst sorgen. Aluminium im Trinkwasser und die Häufigkeit der Demenz nimmt mit den Jahren schnell zu, bei Sechzigjährigen beträgt sie nur etwa ein Promille, bei Neunzigjährigen bereits 45 Prozent. Mit der steigenden Lebenserwartung in den Industrienationen wird die Krankheit zu einem Grundproblem der Volksgesundheit.
Bei Alzheimer sterben Nervenzellen ab
Die Wissenschaft gleicht manchmal einem Krimi. Werden neue Hinweise gefunden, dann kann auch hier ein bereits freigesprochener Verdächtiger Jahrzehnte später wieder in den Fokus der Ermittler rücken. So stuften die meisten Wissenschaftler das Leichtmetall Aluminium lange Zeit als harmlos ein. Dabei galt es in den 70er- und 80er-Jahren als Schwerverbrecher. Man glaubte, es könne an der Entstehung der Alzheimer-Erkrankung beteiligt sein. Damit könnte es etwa 200.000 Deutsche auf dem Gewissen haben – und das jedes Jahr. Nachdem zahlreiche Untersuchungen die Schuld des Aluminiums aber nicht beweisen konnten, wurde es in den 90er-Jahren erst einmal freigesprochen. Sorglos durfte es weiter zur Aufbereitung von Trinkwasser, im Haushalt und natürlich in der Verkehrstechnik genutzt werden.
Doch nun könnte der Fall noch einmal ganz von vorn aufgerollt werden. Italienische Wissenschaftler von der Katholischen Universität in Rom haben einen neuen Zusammenhang zwischen Alzheimer und Aluminium entdeckt. Die Arbeitsgruppe um Pasquale de Sole hat sich ein Speichereiweiß des menschlichen Körpers vorgeknöpft, das vor allem Eisen speichert, aber ebenso mit anderen Metallen verknüpft sein kann.
Schulmedizin
Nach allgemeiner Lesart wird Aluminium nicht vom Darm aufgenommen. Sollte dies dennoch passieren, würde es an der Blut-Hirn-Schranke, die unser Gehirn vor schädlichen Stoffen aus dem Blut schützt, abgewiesen. Schließlich haben zahllose Patienten täglich grammweise aluminiumhaltige Medikamente ohne erkennbare Nebenwirkungen geschluckt. Ihr Alzheimer-Risiko ist nicht erhöht.
Doch auch die andere Seite hat gute Argumente: So erkrankten vor Jahren Dialyse-Patienten an einer Alzheimer-ähnlichen Demenz, die durch Aluminiumspuren im Dialysewasser ausgelöst worden war. Seit das Metall daraus entfernt wird, gibt es keine Neuerkrankungen mehr. Außerdem finden sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten deutlich erhöhte Aluminiumwerte. Deren Ursache war bisher rätselhaft.
Die erste Fährte
Alzheimer tritt bei erhöhten Aluminiumgehalten etwas häufiger auf, berichtetet die Epidemiologie. Die Toxikologen wiederum meinten: Die Mengen von Aluminium im Trinkwasser sind im Vergleich zu denen aus der Nahrung, absolut unbedeutend. Warum sollte gerade das Produkt mit den geringsten Rückständen, mit Aluminium im Trinkwasser, am schädlichsten sein?
Die Antwort fand der britische Forscher J. D. Birchall vom Chemiekonzern ICI. Ihm fiel auf, dass die an Demenz erkrankten Dialyse-Patienten zudem an Knochenerweichung litten. Dieses Krankheitsbild lässt sich im Tierversuch auch durch Silikat mangel erzeugen. Zuwenig Silizium schädigt den Knochen genauso wie zu viel Aluminium im Blut.
Das Bindeglied zwischen diesen Erkenntnissen aus der Physiologie und Toxikologie lieferte die Physikochemie: Beide Elemente ähneln sich in ihrer typischen Erscheinungsform so verblüffend, dass Sie austauschbar sind. Der Körper nutzt das Silikat als unschädlichen Platzhalter an Stellen, an denen schädliches Aluminium eindringen könnte. Silizium regeneriert zudem Enzyme, die mit Aluminium “vergiftet” sind.
Aluminium im Trinkwasser: Zurück zum Wasser. Den Schlüssel zur nächsten Tür in diesem Labyrinth lieferte die Geochemie: Aluminiumreiches Trinkwasser enthält nur wenig Silizium und umgekehrt. Nun erhellt sich die Szene: Auch wenig Aluminium im Trinkwasser bedeutet viel Silizium, und das wiederum hemmt die Aufnahme von Aluminium aus der übrigen Nahrung oder verhindert nachteilige Wirkungen des Leichtmetalls im Körper.
Damit wären die Trinkwasserbefunde erklärt: Nicht ein höherer Aluminiumgehalt im Wasser ist schuld an Alzheimer, sondern der damit verbundene Silikat Mangel. Er steigert die Schädlichkeit des Aluminiums.
Die Chemie des Elements hält noch mehr Überraschungen bereit
Wird Fluor-haltiges Wasser in Aluminium-Töpfen gekocht, so löst sich zehnmal so viel Leichtmetall heraus wie bei Wasser ohne Fluorid-Zusatz. Damit nicht genug. Es bildet sich Aluminiumtrifluorid, ein Stoff, der leicht durch die Darmwand und die Blut- Hirn-Schranke schlüpft. Es ist zu beachten, dass ungeborene Kinder, Säuglinge und Kleinkinder noch über kein intaktes Immunsystem oder eine Blut-Hirn-Schranke verfügen – sie nehmen gelöste Schwermetalle 5-Mal schneller auf, als ein Erwachsener …
Auch andere Bestandteile in Lebensmitteln wirken als Alu-Taxis, darunter die beiden Geschmacksverstärker Glutamat und Maltol sowie die Zitronensäure. Sie binden das Metall und transportieren es in unseren Körper. Deshalb lösen glutamathaltige oder saure Speisen wie Sojasoße, Kompott und Tomatensugo manchmal beachtliche Mengen Metall aus Aluminiumtöpfen und machen dieses somit darmgängig.
Russell Blaylock, Professor für Neurochirurgie an der Universitätsklinik Mississippi, verweist darauf, dass Aluminium an Glutamat gebunden wird und so die Blut-Hirn-Schranke passieren kann. Zudem, so Blaylock, würden hohe Plasma-Pegel von Glutamat Schädigungen des Gehirns verursachen, die denen der Alzheimerschen Demenz recht ähnlich seien. Vielleicht ist Aluminium das lange gesuchte Bindeglied. Dann wäre auch dieser bisher unverstandene Teil des Aluminium-Rätsels geklärt.
Aluminium im Trinkwasser und dadurch auch ein erhöhter Aluminium-Gehalt in Säuglingsmilch hat sich tatsächlich als Ursache von Demenz entpuppt: Australische und amerikanische Flaschennahrung, wies bis zu hundertmal höhere Konzentrationen als Muttermilch auf. Da der Darm von Säuglingen viel durchlässiger ist als der von Erwachsenen, erkrankten Kinder an einer Demenz.
Hier fragen sich Fachleute: Wie unbedenklich sind Zusatzstoffe auf Aluminiumbasis? In einigen Staaten finden sich nicht nur Aluminium im Trinkwasser sondern sogar auch in Backpulver und Schmelzsalz. In Deutschland werden Zusätze von Aluminium zur Trinkwasseraufbereitung – so nicht im Trinkwasser Filtersystem PROaqua 4200 -, als Zusatz für Flüssig-Ei und als Farbstoff verwendet. Die Mengen sind jedoch gering gegenüber denen aus einer ganz anderen, von der Lebensmittel-Überwachung, unlängst aufgespürten Quelle: In Brezeln fand sie Spitzenwerte von fast einem halben Gramm pro Kilogramm.
Der Belastungs-Pfad ist abenteuerlich
Damit das Gebäck seine so geschätzte rostbraune Oberfläche erhält, wird es In Natronlauge getaucht. Manche Bäcker legen es auf Aluminiumbleche und versenken sie komplett in der Lauge. Diese greift die Bleche an und löst Aluminium heraus, das zum Teil in die Brezeln gelangt.
Auf einen ganz anderen, ebenfalls brisanten Belastungspfad stießen Epidemiologen aus Washington. Die Arbeitsgruppe um Amy Borenstein Graves untersuchte, ob die Verwendung von Magensäurebindern und – schier unglaublich – von Deosprays das Alzheimer-Risiko beeinflusst.
Das Ergebnis. Keines von beiden korrelierte mit der Krankheit. Als die Daten dann im Detail untersucht wurden, gab es jedoch eine Überraschung: Die Wissenschaftler fanden einen klaren Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Dauer der Benutzung von aluminiumhaltigen Deosprays und dem Auftreten von Alzheimer. Vielleicht gibt es neben der Aufnahme über das Essen und Aluminium im Trinkwasser,noch eine weitere Route: durch die Nase.
Das ist nicht soweit hergeholt, wie zunächst scheinen mag: Die bei Sprays üblicherweise verwendeten Aluminiumverbindungen werden beim Einatmen vor allem im Nasen-Rachen-Raum abgelagert. An Versuchstieren ließ sich nun zeigen, dass Aluminium schnell über den Riechkolben in das Nervensystem und damit direkt in das Gehirn gelangt.
Der Riechkolben ist eine Ausstülpung des Gehirns, die bis in die Nase reicht und Geruchsinformationen unmittelbar ins Gehirn leitet. Bei Alzheimer-Patienten ist gerade das Riechhirn besonders geschädigt. Womöglich überwindet in der Nase abgelagertes Aluminium die Barrieren von Riechschleimhaut sowie Riechkolben und drängt ins Gehirn ein. Der Stofftransport von der Nase ins Gehirn könnte auch manchen Erfolg von Therapien wie zum Beispiel der Aromatherapie erklären, die nicht immer ins Weltbild passen.